Mittwoch, 25. Mai 2011

Die Teilnehmenden der Konsultation ergreifen das Wort

“Der ÖRK lernt nicht dazu” war bis zum letzten Tag immer wieder zu hören. “Genf wünscht keine echte Beteiligung.” Es ärgerte viele Teilnehmende, dass die Tage zwar mit Programm – und zwar vielen wunderbaren Andachten und Gottesdiensten, aufregend guten Bibelarbeiten und Workshops – voll gepackt waren, dass die thematischen Veranstaltungen aber beziehungslos nebeneinander standen. Die sorgfältig vorbereiteten Texte, der “Aufruf zum Gerechten Frieden” oder die ausführlichen Erläuterungen, spielten bei der Konsultation gar keine Rolle mehr.
Bei den Plenarveranstaltungen gab es so gut wie keine Möglichkeiten, sich einzubringen. Niemand verstand, wie die den Themen zugeordneten Seminare zu einer Meinungsbildung der Konsultation beitragen sollten – sie blieben für sich stehen. Angeblich gab es vorher bestimmte Rapporteure in den Workshops, die gaben sich aber nicht zu erkennen. Moderationen der Großveranstaltungen waren mitunter lust- und kunstlos, zumindest aber nicht besonders bemüht, Gedankenfortschritte herauszuarbeiten. Die Plena waren mit vielen bekannten Gesichtern aus dem inneren Zirkel der ökumenischen Familie besetzt und brachten zu wenig frischen Wind, den Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Politik oder Wirtschaft hereingebracht hätten. Vor allem die großen Plenarveranstaltungen blieben deshalb leblos. Muss das beim ÖRK so sein?
Am letzten Tag brachen die Dämme: Die Botschaft “Ehre sei Gott und Friede auf Erden” wurde eingebracht – in der rührenden Hoffnung, sie nach 15 Minuten Gesprächen in Kleingruppen und 20 Minuten Voten im Plenum abschließen zu können. Die eine kurze Chance zur Beteiligung ergriffen an die 100 Teilnehmer: Unabsehbar lange Schlangen bildeten sich vor den beiden Mikrophonen, um Voten zur Botschaft abzugeben, ein sichtlich genervter Moderator wurde der Situation nicht gerecht und musste sich anhören, dass nun endlich die Zeit gekommen sei, dass das Plenum einmal zuhöre.
Wie kann ein ÖRK, der die Fahnen der Partizipation und Demokratie so hoch hält, seine eigenen Veranstaltungen nur so hermetisch anlegen?
Jürgen Reichel

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