Samstag, 21. Mai 2011

Überleben im Stadtpark und bei der Konferenz

Auf der Tagesordnung steht heute das Thema „Frieden mit der Erde“. In der Morgenandacht wird das Thema entfaltet. An zahlreichen Beispielen wird aufgezeigt, wie sich die Ausbeutung der Erde durch den Menschen auf die Erde selbst und die Menschen, die auf ihr leben, auwirkt. Es werden Beispiele aufgezeigt, wie jeder und jede Einzelne, aber auch der Institution Kirche selbst dazu beitragen können, verantwortungsvoll mit den endlichen Ressourcen umzugehen und die Schöpfung zu bewahren.

Die anschließende Plenumsveranstaltung im großen Zelt auf dem Mona-Campus der University of the Westindies (UWI) begann mit einem eindrucksvollen Vortrag von Pastor Tafue M. Lusama von der Congregational Church von Tuvalu. Er schilderte die Auswirkungen der Klimaerwärmung und die Konsequenzen für die acht Inseln Tuvalus. Durch der Erwärmung des Meeres sterben die Korallen vor der Küste, die Korallenbänke zerfallen und damit die Wellenbrecher, die die Inseln über Jahrtausende vor Stürmen geschützt haben. Zugleich werden die Stürme und Winde heftiger. Die gut 26 Quadratkilometer Landfläche Tuvalus für seine 12.000 Einwohner wird jedes Jahr kleiner. Salzwasser ist in die wasserführenden Schichten der Inseln eingedrungen, so das den Menschen Tuvalus nur noch der Regen als Süßwasserquelle zur Verfügung steht. Die Kirchen in Tuvalu unterstützen die Menschen nicht nur aktiv bei ihrem verzweifelten Versuch, den absehbaren Verlust der Heimat so lange wie möglich hinauszuzögern – wenn es nicht gelingen sollte, ihn zu verhindern. Sie begleiten die Menschen bereits heute dabei, sich psychisch auf diesen Verlust einzustellen.

Erschütternd inhaltsleer blieben nach diesem eindrucksvollen Auftakt aber die Ausführungen des Vertreters des Ökumenischen Rates der Kirchen in der UN Klimakommission. Elias C. Abramides trug eine lange Liste von Konferenzen, Treffen und Workshops vor. Wer aber gehofft hatte, inhaltliche Aussagen über den Stand der Klimaverhandlungen, gar etwas über Differenzen zwischen Positionen der Staaten und der Kirchen zu erfahren, wurde enttäuscht. "Wir brauchen eine Welt des Friedens und der Liebe, um den Klimawandel zu bewältigen und Frieden mit der Erde zu finden", fasste er die Quintessenz seines Vortrags zusammen. Ah ja...

Völlig anders wieder der Nachmittag. In vielen Seminaren und Workshops wurden Initiativen von Kirchen aus allen Kontinenten vorgestellt. Eine beeindruckende Vielfalt von kreativen Ideen und Strategien. Deutlich wurde, dass jede und jeder ein seinem und ihrem Ort entsprechenden Zugang und Ansatzpunkt finden muss. Einige Kirchen sind unmittelbar mit den lebensbedrohenden Folgen der Auswirkungen des Klimawandels konfrontiert. Erratische Regenfälle, Dürren oder Fluten aber auch unverantwortlicher Umgang der Staaten mit toxischen Abfällen, die Zerstörung der Umwelt durch Unternehmen, die in unverantwortlicher Weise gegenüber Umwelt und Gesellschaft Rohstoffen ausbeuten, gefährden das Überleben der Menschen unmittelbar. Andere Kirchen entwickeln und erproben Modelle alternativen Wirtschaftens oder sie engagieren sich politisch, um auf politische Entscheidungsträger einzuwirken...

Hier zeigt sich eine Stärke der Konvokation: viele der Engagierten kamen hier erstmals zusammen. Sie konnten sehen, wo und wie andere sich engagieren und sie konnten nach gemeinsamen Strategien suchen. "Eigentlich bräuchten wir eine Datenbank, in der sich alle mit ihren Ansätzen, Erfolgen und Misserfolgen eintragen können und die alle Interessierten weltweit nutzen können, um uns zu vernetzen und unsere Bemühungen relevanter zu machen", meinte eine Delegierte aus Mexiko.

Absoluter Höhepunkt der Tages war ein vom Jamaikanischen Kirchenrat organisiertes Konzert im Emancipation Park in der Innenstadt. Jamaikanische Musiker, "Superstars" der Musikszene ebenso wie Kirchenchöre und der Chor der Verkehrspolizei boten den Delegierten und Parkbesuchern ein überwältigendes Programm. Musik unterschiedlicher Stilrichtungen, von Reggae bis Klassik. Welch Rhythmus, Lebensfreude und tief empfundene, natürliche und unverkrampfte Religiosität! Gospelsong und ein leicht ironisierender Reggae-Song darüber, dass es für jedes Lebensproblem einen Psalm gibt, nacheinander.

Im kommenden Jahr feiert Jamaika sein 50 jähriges Bestehen. Der Musiker, der das Lied für das 25 jährige Bestehen geschrieben hatte, ist beauftragt, auch für das 50jährige ein Lied zu schreiben. Für die Delegierten trug er sein Lied für das 25 jährige vor. Das Stadtpublikum im Park sang inbrünstig mit. Das Lied hängt mir nach. Der Refrain lautete: „We have survived!“ - Wir haben überlebt!

Wolfgang Heinrich

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