Samstag, 21. Mai 2011

„Frieden mit der Erde“ nur durch Rückgriff auf Naturreligiosität möglich?

Der Ökumenische Rat der Kirchen führt in eine andere Vorstellungswelt, wenn es um den „Frieden mit der Erde“, die ökologische Nachhaltigkeit geht. Nicht von Klimazielen ist die Rede, Emissionsrechten oder Energiekonzepten, sondern davon, wie "die Spiritualität der indigenen Völker ein Geschenk für die Kirche sein kann." Die Schlüsselvorträge kommen aus zum Beispiel aus Tuvalu, Indien und Guatemala, allesamt mit starken Rückgriffen auf das naturreligiöse Erbe. Sie geben Hinweise auf die verloren gegangene Einheit zwischen Mensch und Natur, oder die Entdeckung Gottes in den natürlichen Abläufen. Selbst muslimische Gäste erklären sich mit der anthropozentrischen Sichtweise des Koran nicht einverstanden. Die Schöpfung sei nicht auf den Menschen hin geordnet. Die "Mutter Erde" wird immer angeführt, auch in Präsentationen des Ökumenischen Rates der Kirchen.

Es scheint, als ob die monotheistischen Religionen sich nicht wohl in ihrer Haut fühlen. Als ob sie fürchten, dass die Verdrängung naturreligiöser Glaubensvorstellungen den Anschub zu den ökologischen Problemen der Neuzeit gegeben habe. Da die Grundannahme nicht reflektiert wird, kommt es zu gewagten Behauptungen: "Indigene Völker leben in exemplarischer Weise Nachhaltigkeit", behauptet der Grundtext der Versammlung, der "Ökumenische Aufruf für einen gerechten Frieden" zum Beispiel – als ob indigene Völker, die Maya in Mittelamerika oder die vorkolumbianischen Jäger Nordamerikas nicht gewaltige ökologische Katastrophen ausgelöst hätten.

Das Bild von "Mutter Erde" muss sparsam verwendet oder noch auf seine Brauchbarkeit untersucht werden, fordern Diskussionsteilnehmer. Nicht alle scheinen sich darauf einlassen zu wollen, christliche Glaubensvorstellungen um Naturmystik zu erweitern.

Jürgen Reichel

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen